Das neue Wohn-Abwärmeheizkraftwerk am Manesseplatz bildet eines der grössten Rechenzentren Zürichs. Die Abwärme wird als Energiequelle ins Anergienetz Zürichs fliessen und deckt den Grossteil des Heiz- und Kühlbedarfs Wiedikons. Offene Räume inmitten des Heizkraftwerks werden zum Wohnen geschaffen.
Ausgangslage
Die Schweiz verfügt zurzeit über mehr als 4000 Rechenzentren, die denselben Energiebedarf haben wie rund 50.000 Haushalte. Gleichzeitig wird Zürich zum Standort für viele junge Unternehmen im Bereich „digitale Kommunikation und Technik“. Das hohe Wachstum der zu verarbeitenden Datenmengen und der Digitalisierung führt zu einem Rechenzentren-Boom. Die Kehrseite dieser Entwicklung ist, dass deren Supercomputer viel Hitze produzieren und rund 3% des gesamten Energieverbrauchs der Schweiz ausmachen. Ein Drittel von diesem Prozentwert wird ausschliesslich für die Kühlung der Serverräume verwendet.
Entwurfsidee
Das neue Wohn-Abwärmeheizkraftwerk am Manesseplatz ist ein Rechenzentrum mit insgesamt 1024 Server-Racks. Die auf der Fassade und der Sihlhochstrasse angebrachten PV-Module produzieren den für den Betrieb des Rechenzentrums benötigten Strom. Gekühlt wird es durch ein Wasserkreislaufsystem, das von der ETH Zürich in Kollaboration mit IBM entwickelt wurde. Es hat nicht nur einen geringeren Energiebedarf für die Kühlung, sondern ermöglicht auch eine Abwärmenutzung fürs Heizen und Kühlen von Räumen. Die Abwärme aus dem Rechenzentrum wird als Energiequelle in das Wärme- und Kälteversorungsnetz Zürichs "Zürich Wärme" fliessen.
Die Versorgungsgebiete von Zürich Wärme bestehen heute aus zwei unabhängigen Verteilnetzen: Zürich-Nord, das über das HKW Hagenholz versorgt wird. Das HKW Josefstrasse beliefert das Versorgungsgebiet Zürich-West. Das letztere befindet sich momentan am Ende seiner Lebensdauer und wird im Jahr 2020 geschlossen. An seiner Stelle wird eine Hilfsheizzentrale eingerichtet. Über eine neue unterirdische Verbindungsleitung werden die zwei Netze zusammen erschlossen. Mit dem neuen Wohn-Abwärmekraftwerk am Manesseplatz wird das Versorgungsgebiet in Richtung Zürich-Süd erweitert.
Gleichzeitig verfügt das neue Gebäude über Installationsleitungen an verschiedenen Orten, die ein flexibles und offenes Wohnen ermöglichen.
Projektierung
Das Wohn-Abwärmeheizkraftwerk am Manesseplatz ist eingezwängt zwischen der Gleise der Sihltalbahn und der Sihlhochstrasse. Ein Förderband überquert vom Manesseplatz aus die Gleise der Sihltalbahn und verbindet Wiedikon mit dem Sihlraum. Es ist gleichzeitig der Zulauf für das Wärme- und Kälteversorgunsnetz in Wiedikon.
Jährlich produzieren die rechenstarken Server ca. 19 GWh Abwärme. Mit dem Rücklaufwasser wird das Rechenzentrum gekühlt. Die dabei aufgenommene Abwärme vom Rechenzentrum in einer Temperatur von 60°C wird in die zylinderförmigen Adsorptionsmaschinen geführt und in einen zweistufigen Temperaturbereich von 12°C und 35°C gespalten. Die dabei entstandene Wärme/Kühle werden in Puffertanks gespeichert und bei Bedarf in das Anergienetz Zürich-Süd eingespeist.
Offene Räume unter den zylindrischen Adsorptionsmaschinen, die sich zwischen den in die Erde eingerammten Betonkernen gespannt sind, werden zum Wohnen geschaffen. Installationsleitungen an verschiedenen Orten ermöglichen eine flexible Nutzung in den 72 Wohnungen. Durch eine Aussparung verliert die Adsorptionsmaschine minimal an Wärme/Kälte und funktioniert wie ein Klimagerät für die Wohnung.
Das kalte Sihlwasser im Winter steigert die Effizienz der Kühlung über einen Wärmetauscher im Rechenzentrum. Das aufgeheizte Flusswasser strömt in einem unterirdisch verlegten Rohrnetz durch den südlichen Park des Sihlhölzli und formt einen Parkbereich mit eigenem Mikroklima.
Besonderheiten
Abwärmenutzung fürs Heizen und Kühlen von Räumen
Das Wohn-Abwärmeheizkraftwerk nutzt die Abwärme eines Rechenzentrums, um Energie in den Heiz- und Kühlwasserkreislauf des Quartiers Zürich-Süd einzuspeisen.
Urbanes Wohnen ohne Wärmedämmung
Der minimale Energieverlust in der Adsorptionsmaschine wird zum Heizen und Kühlen der Wohnungen genutzt. Der zylindrische Körper ruht auf Wälzlagern in einer Tragschale aus Stahl und kann je nach Heiz- oder Kühlbedarf von einem Drehrad in der Wohnung rotiert werden.
Thermisch aktivierter Parkbereich
Das kalte Sihlwasser ist ein integrierter Bestandteil des neuen Heiz- und Kühlwasserkreislaufes in Zürich-Süd und steigert die Effizienz der Kühlung für das Rechenzentrum. Das aufgeheizte Flusswasser strömt in einem unterirdisch verlegten Rohrnetz durch den südlichen Park des Sihlhölzli und formt einen neuen Parkbereich mit eigenem Mikroklima. Es landet schliesslich in einen Wasserbecken an der Sihlpromenade. Dort kühlt sich das Wasser ab und gelangt wieder zurück in die Sihl.