Mit der Renovierung ist es gelungen, den Erhalt eines bedeutenden Denkmals an ein Nutzungsprofil zu koppeln, das die überlieferte bauliche Substanz des Gebäudes nicht musealisiert, sondern als eine zeitgemäße Verbindung von gewerblichen, kulturellen und gemeinschaftlichen Funktionen versteht.
Ausgangslage
Die Riedmühle, errichtet um das Jahr 1280, zählt zu den ältesten erhaltenen Bauwerken des Churer Rheintals und ist eines der letzten Zeugnisse der vormals zahlreichen, den Mühlbach säumenden Werke und Handwerksbetriebe, die den Standort über ganze Epochen hinweg prägten. Trotz der von einem Brand vor knapp 100 Jahren verursachten Verluste an Gebäude und Maschinenpark dokumentiert die Riedmühle die Entwicklung eines traditionellen Handwerks zum Industriezweig und steht damit beispielhaft für die Jahrhunderte überspannende Technik- und Wirtschaftsgeschichte der Region.
Entwurfsidee
Das Konzept für den Umbau der leerstehenden Mühlenanlage sah neben Räumen für ein Architekturbüro auch Bereiche für kulturelle Nutzungen und öffentliche Veranstaltungen vor. Ausgehend von den historischen, teilweise mehr als 500 Jahre alten technischen Anlagen wurde ein Raumprogramm entwickelt, das jeder Ebene eine eigene Nutzung zuweist. Als verbindendes Element der insgesamt drei Geschosse dient heute wie damals die historische Mühlmaschine, die mit ihrer komplexen, gleichwohl robusten Anatomie das gesamte Gebäude durchzieht und jeder Ebene ein eigenes Gepräge verleiht. Während das Untergeschoss als flexibel bespielbarer Veranstaltungs- und Ausstellungsbereich dient, wird das Erdgeschoss, das früher die Wohnung des Müllers beherbergte, heute von einem Architekturbüro genutzt, dem auch das Dachgeschoss unter einem imposanten Gebälk als Showroom und für Besprechungen zur Verfügung steht. Der sensible und auf möglichst geringe strukturelle Intervention bedachte Umgang mit dem alten Gemäuer hat auch die besonderen Qualitäten dieses Technikdenkmals zutage gefördert. Die unverputzten Natursteinmauern sind ebenso wie die ungeschönt rustikalen Holztüren und Fensteröffnungen mit ihren wuchtigen Laibungen ein authentisches Zeugnis alpiner Bautraditionen, die sich in diesem Fall als wertvoller Unterpfand für zeitgenössische Nutzungen erweisen.Schließlich ist die funktional anschlussfähige Ertüchtigung von schutzwürdigem historischem Bestand das Beste, was einem Denkmal passieren kann.
Projektierung
Wie immer bei denkmalgeschützten historischen Bestandsgebäuden galt es, die zeitgemäßen energetischen und bauphysikalischen Anforderungen an den Gebäudebetrieb mit konservatorischen Auflagen zu versöhnen. Im Falle der Riedmühle galt das Hauptaugenmerk dem Umgang mit der Gebäudehülle, dem Erhalt und der Integration der geschossübergreifenden Mühlmaschine sowie der Entwicklung eines intelligenten Raumprogramms. Zunächst wurden innerhalb des Gebäudes bauphysikalisch distinkte Zonen definiert. Da die Kellerräume und der Hauptmaschinenraum nur selten genutzt werden, konnte nach einer exakten Berechnung und Definition der notwendigen Dampfsperren und Wandaufbauten auf eine Beheizung verzichtet werden. Das Erdgeschoss hinter den ein Meter dicken Mauern sowie das Obergeschoss verfügen entsprechend ihrer vorgesehenen Nutzung als Architekturbüro bzw. Besprechungsraum über eine zeitgemäße haustechnische Ausstattung. Um die historisch überlieferte Außengestalt des Gebäudes zu erhalten, blieb die Fassade frei von Dämmung bzw. Außenisolation und wurde lediglich auf traditionelle Weise frisch gekalkt. Zum authentischen Erscheinungsbild der Anlage tragen auch die hölzernen Sprossenfenster mit den Klappläden sowie die anmutigen Außenbereiche bei. Für den sachgerechten Umgang mit der Mühlmaschine suchten die Architekten Rat bei pensionierten Mühlbauern, die den Ablauf des Mahlprozesses erläuterten und über die technischen Details der Struktur aufklärten.
Realisierung
Der Bauphase ging eine zweijährige Planungszeit voraus, in der neben strukturellen und gestalterischen Konzepten vor allem Lösungen für die bauphysikalischen Herausforderungen entwickelt und aufeinander abgestimmt wurden. So war es angesichts des eher feuchten Untergrunds am Standort zunächst nötig, das Gebäude förmlich auszugraben und eine umlaufende Sickerleitung anzulegen. Im Zuge der Dachsanierung zog vor allem der Schutz der Mühlmaschine vor Witterungseinflüssen besonderen Aufwand nach sich.
Besonderheiten
In der Riedmühle wurde ab 1920 sowohl in der traditionell überlieferten Mahlweise mit Mühlstein als auch mit der seinerzeit modernen Walzenstuhltechnik Korn gemahlen. Es ist ein historisch seltener Glücksfall, dass die Anlagen beider Mahltechniken in der Riedmühle bis heute erhalten geblieben sind und in einen integralen Bestandteil der neuen Nutzung verwandelt wurden.