Das Zentrum von Vaduz beim historischen Rathaus war Ausgangspunkt für das Projekt und schreite nach einer Revitalisierung. Dabei waren Upcycling (das Jahresthema) und der Megatrend der Nachhaltigkeit, Demographie und Integration, begleitende Faktoren in der Entwicklung des Projektes.
Ausgangslage
Das Studio hat nach Strategien zur Verdichtung und Revitalisierung der Vaduzer Innenstadt gesucht. Dem Semester- und dem Jahresthema Upcycling, entsprechend, wurde die bestehende Infrastruktur und den Gebäudebestand aufgewertet. Aufgabe war es, einen räumlichen und programmatischen Vorschlag für den urbanen Kernbereich zu entwickeln. Ausgehend von den 4 relevanten Megatrends der Nachhaltigkeit (Raum und Mobilität, Ernährung und Gesundheit, Ressourcen und Energie, Demographie und Integration) entwickelte das Studio Projekte in ungenutzten Räumen und leblosen Siedlungsgebieten.
Entwurfsidee
Was sind die Zutaten, um im kulturhistorischen Zentrum von Vaduz beim Rathaus einen Ort zu schaffen, der eine Atmosphäre vermittelt, die Menschen zusammenführt?
Der Ansatz enthält Kontraste von damals und heute, sowohl für das Projektkonzept als auch architektonisch. Ziel dieses Projektes war es, immer wieder zu hinterfragen, was aus der Vergangenheit Liechtensteins gewonnen werden kann und was mit der Gegenwart verbunden werden kann, um schliesslich eine optimale, aber weiterentwickelte und zeitgemässe Verbindung mit dem Ort herzustellen, um die Tradition fortzusetzen und einen neuen Ort für die Menschen zu schaffen, der gleichzeitig auch einen respektvollen Umgang mit dem historischen Rathaus dort darstellt. Das daraus resultierende Projekt "Zemma ko", das im Dialekt für Zusammenkommen steht, bezieht sich daher nicht nur auf das Zusammenkommen von Menschen aller Altersgruppen, des privaten und öffentlichen Bereiches, sondern soll auch ein Zusammenkommen von Tradition und Innovation, also von handwerklichem Wissen und neuen Ideen, integrieren. Das Projekt befindet sich am Anfang des Städtle. Heute sind dort der Busbahnhof, eine Tiefgarageneinfahrt und oberirdische Parkplätze. Das Potenzial ist also groß, und es ist wichtig, zum bestehenden Rathausplatz einen neuen Platz als Platzgruppe zu schaffen, der dem Rathaus den gebührenden Respekt erweist und vor allem für den Menschen geschaffen ist, weil es in dessen Natur liegt, dass er gesellig ist und die Begegnung erwwartet.
Projektierung
Das Projekt beherbergt ein 3-geschossiges Innovationszentrum für Holzbau (Design- Architektur) mit flexiblen Werkstätten für Start-Ups zum Platz hin, in denen zB mit traditionellen Strukturen, zeitgemäße Methoden entwickelt werden können. Darüber hinaus umfasst das Erdgeschoss ein Restaurant/Bar auf der einen Platzseite und Veranstaltungs- und Ausstellungsbereiche des Innovationszentrums auf der anderen Seite. Die beiden nach Ost-West ausgerichteten Gebäudeteile verfügen in den Obergeschossen über Cluster-Wohnungen, für Senioren und Start-Ups, die auf ein Minimum reduziert wurden, aber grosszügige Gemeinschaftsräume besitzen. Dahinter steht die Idee, dass die Älteren ihr handwerkliches Wissen weitergeben könnten und sich mit den Handwerker der Start-Ups austauschen. Fast mittig des neuen Platzes befinden sich ein neuer Dorfbrunnen, analog zu der damaligen Situation bei einem Rathaus, und ein wilder Garten mit Bäumen, der auch die Quelle des Innovationszentrums widerspiegelt und an Gärten ehemaliger Dörfer erinnern soll. Das Gebäude besitzt einem zweischaligen Sockel. Die Aussenschale ist mit lokalem Balzner Kalkstein gebaut. An den Ecken der einzelnen Gebäudeteile ist die massive Wand unter dem Dach gemauert und verbindet sich mit den inneren sichtbaren Balkendecken. Die massiven Ecken dienen meist auch als Eingänge und bilden aufgrund der Rückversetzung den Windschutz. Die Obergeschosse bestehen aus einem Fachwerkbau mit einer vertikalen Eichenverschalung.
Realisierung
Die Gemeinde Vaduz hat bereits mehrere erfolglose Versuche gestartet, um die Stadtentwicklung auszuarbeiten und raumplanerische Situation der zentralen Zone von Vaduz an der Äulestrasse mit vernünftigen, wettbewerbsfähigen und zukunftsorientierte Ansätze aufzuwerten.
Bestehende Strukturen mit sinnvollen und qualitativem Potenzial wurden ebenso bisher kaum untersucht oder berücksichtigt. Ebenso wenig wurde bisher architektonisch die Zusammenarbeit mit regionalen Eigenheiten oder örtlichen Qualitäten, sprich, die bautechnische Tradition analysiert oder weiterentwickelt.
Das Zentrum von Vaduz ist im Allgemeinen kompliziert für eine Revitalisierung, da einige zu erschliessende Grundstücke an der Äulestrasse in Privatbesitz sind und auch in Zukunft so bleiben wollen. Daher gibt es derzeit kaum eine zufriedenstellende, zukunftsorientierte Lösung für das gesamte Zentrumsgebiet. Die übrigen Grundstücke entlang der Äulestrasse gehören meist für den Finanzsektor, wie Banken und ihre Verwaltungen, die auch keine Informationen herausgeben, welche nützlich für eine detaillierte Recherche über dieses Gebiet wären.
Besonderheiten
Der aktuelle demografische Wandel im Jahr 2019, in der Schweiz und Liechtenstein zeigt, dass der Anteil der 50- bis 60-Jährigen am höchsten ist. Da die Menschen dieser Altersgruppe überwiegend handwerklich tätig waren, sollten sie an diesem neuen Ort beim historischen Rathaus zusammenkommen können. Bevor die Stadt als Strasse für den Verkehr geöffnet wurde, lebten einige Menschen bereits dort, zogen dann aber weg und kamen nie wieder zurück. Diese Situation soll das Projekt wieder rückgängig machen.
Das Gebäude ist in 5 Teile mit Satteldächern unterteilt. Es beginnt an der Hauptstraße, die in Höhe und Breite mit dem Rathaus aufnimmt, und senkt sich an zwei Gebäudeteilen 7 Meter bis zum fein gegliederten Stadtteil, wo das Grundstück 2 Meter höher liegt. Dies verleiht dem Gebäude eine besondere Dynamik und schafft eine neue Platzsituation mit drei verschiedenen Plätzen. So beginnt das Gebäude mit vier Stockwerken und sinkt zunächst um ein Geschoss ab und endet in einem steinernen Kopfbau, der aus einem Eventraum besteht. Die öffentlichen Funktionen befinden sich in den dem Platz zugewandten Erdgeschossen des Gebäudes.